Die Möglichkeiten, die moderne CAM-Systeme heute bieten, werden in der Praxis oft nicht ausgenutzt. Da kann die Produktivität durchaus noch gesteigert werden, u. a. „durch bessere Benutzeroberflächen aber auch durch mehr Funktionalität“, wie Thomas Schuster, Geschäftsführer der HSMTEC GmbH, Spalt, weiß. Er hat sein Unternehmen in den letzten Jahren sehr gut aufgestellt und gehört nun zu den führenden CAM-Anbietern in den CAD-Bereichen, Solidworks, Inventor und Fusion 360.
Himmel & Erde: Herr Schuster zunächst ein kurzer Blick in die Historie des Unternehmens. Wann wurde HSMTEC gegründet und welches waren die wichtigsten Meilensteine?
Thomas Schuster: HSMTEC wurde Anfang 2010 gegründet und wir sind mit HSMWORKS gestartet, einer CAM-Lösung für Solidworks – damals ein komplett neues Produkt.
Ein erster Meilenstein hat sich 2012 gezeigt, als Autodesk den Hersteller HSM Works APS in Kopenhagen, Dänemark, übernommen hat, komplett mit „Mann und Maus“. Dadurch sind wir automatisch Autodesk-Reseller geworden. Dennoch sind wir thematisch im CAD/CAM-Umfeld geblieben, mit dem klaren Schwerpunkt CAM! Das ist bis heute so.
Im Jahr 2013 kamen dann die ersten Mitarbeiter zu uns, und damit ging unser Geschäft richtig los. Mittlerweile sind wir neun Mitarbeiter und bieten neben der Software sämtliche Services an, wie Beratung, Schulung, Installation, das Schreiben der Postprozessoren, Datenaufbereitung etc., die unsere Kunden brauchen, um einen sicheren und performanten Betrieb zu gewährleisten.
Sie erwähnten gerade Postprozessoren. Wie viele Mitarbeiter befassen sich bei Ihnen mit diesem Thema?
Mittlerweile sind es drei Leute, die sich damit befassen. Gut gebaute „PP“ werden immer wichtiger.
Mittlerweile gibt es HSM für 3 CAD-Systeme: Solidworks, Inventor und in jüngster Zeit Fusion 360. Gibt es dabei einen Favoriten?
Alle drei haben ihren Platz auf dem Markt. Neben den beiden Klassikern kommt Fusion 360 immer stärker auf – es hat eben einen besonders günstigen Preis. Die CAM-Funktionalitäten sind in allen drei CAD-Systemen komplett gleich – auch die Postprozessoren. Der Anwender gewinnt somit eine gewisse Flexibilität. Wenn Sie mich nach dem Favoriten fragen, kann ich sagen, die beiden Klassiker sind in etwa gleich – auf Fusion 360 ist erst am Kommen.
Viele Firmen scheuen sich diese Lösung einzusetzen, weil es eine Cloud-basierte Lösung ist und die Daten aktuell in den USA und Kanada liegen, auf Amazon-Servern. Dieser Konstellation trauen viele nicht. Aber langsam kommt auch diese Lösung ins Spiel. Wir haben z. B. etliche Firmenneugründungen als Kunden, die sich dafür entschieden haben. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist eben unschlagbar: 494 Euro Jahresmiete für ein CAD/CAM-System ist nicht zu toppen.
Also ist es der günstige Preis, der manchen doch darüber nachdenken lässt?
So ist es.
Ist es auch das was Sie meinen, wenn Sie auf Ihrer Homepage von sehr günstigen Kosten sprechen?
Ja. Wobei man hier nicht nur die reinen Software-Kosten sehen darf, sondern sehr wichtig ist auch, die Zeit bis ein System eingeführt ist und die Mitarbeiter „fit“ damit sind zu sehen. Dauert die Einführung 3 Monate oder ein halbes Jahr oder gar ein Jahr?
Das sind deutliche Unterschiede. Diese Nebenkosten beeinflussen die Gesamtkosten sehr wesentlich. Und da sind wir mit unserer Software sehr gut dabei. Sie lässt sich sehr leicht erlernen und bedienen und wird somit schnell produktiv.
HSM wurde erst recht spät (2007/2008) entwickelt und es konnten die damals neuesten Software-Möglichkeiten eingesetzt werden. Die älteren Systeme kommen da einfach nicht mit.
Ist die große Bedeutung genau passender Postprozessoren noch immer so hoch oder gibt es inzwischen neue Technologien?
Es ist noch immer alles wie zuvor. Einzelne Bemühungen, daran war zu ändern, sind sämtlichst gescheitert und an die Seite gelegt worden.
Wie gut werden Sie als HSMTEC von Autodesk unterstützt?
Wir sind von der Größe her ein Autodesk-Reseller. Es gibt ja auch noch Gold und Platin Partner. Von daher haben wir eine entsprechend angepasste Betreuung - werden aber von Autodesk immer wieder angefragt für bestimmte Projekte. Gerade haben wir für Autodesk Webinare durchführt.
Ansonsten haben wir, nach wie vor, noch den Kontakt zu den Programmierern in Dänemark. Den nutzen wir dann auch, wenn wir etwas Besonderes wissen möchten.
Mittlerweile bieten Sie auch Drahterodieren an?
Ja, die Software von DCAM in Berlin. Der Hersteller wurde mittlerweile von Tebis übernommen. Diese Drahterosionslösung gibt es als Stanalone oder eben auch integriert in Solidworks und Inventor-dadurch eine perfekte Situation für uns.
Gibt es weitere Neuerungen, über die man sprechen kann?
Die gibt es schon; sie beziehen sich im Wesentlichen auf Fusion 360. Dort gibt es mittlerweile ein „Erweitertes CAM“. Es sind Funktionen hinein gekommen wie Feature-Erkennung, automatische Bohrungserkennung, neue 3D-Strategien für den Werkzeug- und Formenbau, eine ganz geniale Sache, mit automatischer horizontaler und vertikaler Flächenauswahl und -bearbeitung. Das sind Funktionen, die aus Powermill und Featurecam kommen – anderen Produkten von Autodesk.
Übernommen, durch den Ankauf von Delcam 2015?
So ist es. Also Funktionen dieser Pakete kommen jetzt in Fusion 360 rein.
Ja und Powermill selbst, gibt es das noch?
Ja, Powermill und Featurecam gibt es nach wie vor noch im ganz normalen Vertrieb. Wobei wir das nicht machen. Wir sind unserer Strategie treu geblieben, nur durchgängige CAM/CAM-Systeme anzubieten.
Powermill und Featurecam sind ja Standalone Systeme.
Spielt das Thema Hochgenauigkeitsbearbeitung eine Rolle bei Ihnen?
Wir haben den einen oder anderen Kunden, der in diesen Bereich hinein geht, mit einem Kern Bearbeitungszentrum beispielsweise. Da kommen dann die Teile fertig poliert von der Maschine – man spricht von Polierfräsen.
Das funktioniert aber nur unter ganz bestimmten Randbedingungen, wie klimatisierte Werkstatt, hoch genaue Werkzeuge, hochgenaue Werkzeugvoreinstellung und eben Maschinen, die den Sprung von Hundertstel zum Tausendstel auch darstellen können. Ist dafür am CAM-System etwas Besonderes zu tun?
Nein, HSMWORKS bzw. Inventor CAM schaffen das spielend.
Wie ist der Stand in Bezug auf die Einführung von Konfiguration in Ihrem Umfeld?
Wir haben am Anfang unserer Firmengeschichte das Thema CAD intensiv mitgemacht. Da wäre es ein Thema gewesen. Durch die strikte Konzentration auf CAM ist Konfiguration kein Thema bei uns. Wenn es ein Thema gibt, welches uns noch immer „umtreibt", dann ist es die weitere Integration im CAM-Bereich. Also die Integration von Maschine, Werkzeugverwaltung, Werkzeugvoreinstellung etc. Kein Prozent unserer Kunden nutzt so etwas aktuell.
Wäre das nicht eine PDM-Aufgabe?
Mir persönlich ist keine Software bekannt, an die man jede beliebige Steuerung, Messmaschine, Werkzeugverwaltung usw. anbinden kann. Man muss stets speziell etwas programmieren lassen, um eine Lösung hinzubekommen. Das ist dann auch kostenintensiv.
Wie sieht es allgemein im CAM-Bereich aus? Sind die Anwender-Firmen auf einem guten Niveau?
Teils, teils, viele Firmen sind schon auf einem guten Stand, andere aber noch gar nicht. Es ist schon manchmal erschreckend, was man heute noch vorfindet. Es gibt z. B. Lohnfertiger mit 20 Fräsmaschinen und die programmieren immer noch alles an der Maschine, haben keinerlei CAM-Software. Dass sowas noch funktioniert in den heuten Zeiten ist sehr verwunderlich, aber es wird noch gemacht. Somit kann man auch sagen, unser Potential ist immer noch sehr groß – es gibt viel zu tun.
Herr Schuster, vielen Dank für das Gespräch.
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